Sprachbildung nach dem Modell des Mercator-Projektes im Kreis Warendorf

Kostenfreier Förderunterricht für Schüler und Schülerinnen mit einer Migrationsgeschichte

Was?

  • Kostenfreies sprachbildendes Angebot für Schüler und Schülerinnen mit einer Zuwanderungsgeschichte

Ziele

  • Verbesserung der Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte durch sprachliche und fachliche Förderung
  • praxisnahe Ausbildung künftiger Lehrkräfte

Für wen?

  • Schüler und Schülerinnen mit Zuwanderungsgeschichte an Schulen im Kreis Warendorf
  • Lehramtsstudierende

Projektpartner

  • Universität Münster, Abteilung für Sprachdidaktik
  • Schulen im Kreis Warendorf, alle Schulformen

Der Mercator-Unterricht im Kreis WAF
Das Projekt „Förderunterricht für Kinder und Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte“ wurde 2004 bundesweit durch die Stiftung Mercator eingeführt. Der Kreis Warendorf beantragte das Projekt 2010 als erster Landkreis bundesweit in Kooperation mit der Universität Münster und mit den Schulen im Kreis Warendorf. Im Zeitraum 2010 bis 21013 wurde das Projekt durch die Stiftung Mercator gefördert, seit 2013 wird das Projekt vollständig aus Kreismitteln finanziert.

Im Sinne der Stiftungsidee ist es im Kreis Warendorf gelungen, das Projekt langfristig in die regionalen Bildungsstrukturen einzubinden und über die Förderhöchstdauer hinaus anzubieten.

Der Mercator-Unterricht findet in Kleingruppen ein- bis zweimal in der Woche statt. Der Unterricht kann sowohl während als auch außerhalb des Regelunterrichts stattfinden. Unterrichtstage und Unterrichtszeiten werden zwischen der Projekt-Schule und der Mercator-Förderlehrkraft vereinbart. Die Schule entscheidet, welche Schülerinnen und Schüler den Mercator-Unterricht für ein Schuljahr besuchen können. Seit 2015 gehören zunehmend neu zugewanderte Schüler und Schülerinnen zu den Teilnehmenden des Mercator-Unterrichts. Die wissenschaftliche Vorbereitung und Begleitung der Studierenden wurden entsprechend modifiziert.

Damit das Projekt für alle Beteiligten – für Schülerinnen und Schüler, für Studierende und für Schulen - erfolgreich verläuft, ist es wichtig, dass die Förderlehrkräfte in Lerngruppen unterrichten, die sie für ein ganzes Schuljahr begleiten. Sowohl zu Beginn als auch am Ende des Schuljahres dokumentieren die Förderlehrkräfte anhand diagnostischer Verfahren die Sprachfertigkeiten ihrer Schülerinnen und Schüler. Das Ergebnis der Eingangsdiagnostik ermöglicht die Erstellung und Umsetzung von individuellen Förderlehrplänen und ist damit eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Unterstützung der Schülerinnen und Schüler.

Der Mercator-Unterricht ist weit mehr als Sprachunterricht. Der Begriff sprachsensiber Fachunterricht beschreibt den Mercator-Unterricht viel treffender. Fachinhalte und Sprache werden gleichzeitig gelehrt. Schülerinnen und Schüler können ihre sprachlichen Kompetenzen beispielsweise durch die Bearbeitung eines Fachtextes etwa aus dem Sachunterricht, aus dem Biologieunterricht oder aus dem Mathematikunterricht erweitern und festigen. Methoden wie beispielsweise das Scaffolding befähigt Lernende, sprachliche Aufgaben schrittweise und zunehmend selbständig zu bewältigen. Je selbstständiger der Lernende die Anforderungen bewältigen kann, desto weiter wird das Scaffold (= Gerüst) abgebaut. Die Förderlehrkraft übernimmt hier als kompetenter Partner im Lernprozess eine entscheidende Rolle: Sie hat die Aufgabe, passgenau sprachliche, kommunikative und andere Hilfsmittel (z. B. Scaffolds) auszuwählen und zur Verfügung zu stellen, um an das Vorwissen der Lernenden anzuknüpfen und darauf aufzubauen.

Das Lernen in Kleingruppen bietet viele Vorteile. Die Schülerinnen und Schüler lernen in einem geschützten Raum. Es fällt ihnen leichter, von ihren persönlichen oder schulischen Herausforderungen zu berichten. Schülerinnen und Schüler können in der Regel gut beschreiben, welche Bereiche im Unterricht ihnen Probleme bereiten. Nicht selten entstehen im Mercator-Unterricht auch wertvolle themenbezogene Projekte, die das Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler stärken und aktiv dazu beitragen, die Kompetenzen im Regelunterricht zu verbessern.

Studierende besuchen zur Vorbereitung auf ihre Tätigkeit an den Schulen zunächst das Vorbereitungsseminar und mit Beginn ihrer Unterrichtstätigkeit das Begleitseminar an der Universität Münster. Die Sprachdidaktik beschäftigt sich mit theoretischen und empirischen Kontexten von Lehren und Lernen der deutschen Sprache. Aufgabe des Vorbereitungsseminars ist es, Lehramtsstudierenden sowohl wissenschaftlich relevante als auch berufsbezogene Kompetenzen zu vermitteln. Die Sprachdidaktik der Universität Münster hat in den letzten 10 Jahren ihr Lehr- und Forschungsangebot in den Bereichen Deutsch als Zielsprache, Deutsch als Zweitsprache, sprachliche und kulturelle Vielfalt deutlich erweitert. Zu den konkreten Seminarinhalten gehören neben unterrichtsdidaktischen und sprachdidaktischen Inhalten besonders auch folgende Inhalte: Das pädagogische Handeln in der Migrationsgesellschaft, der konstruktive Umgang mit Diversität, die interkulturelle Schul- und Unterrichtsentwicklung, Deutsch als Zweitsprache, Deutsch als Bildungssprache, verschiedene Methoden zur Sprach-Diagnostik, die Erstellung und Umsetzung von individuellen Förderlehrplänen, die Unterrichtsvorbereitung und die Unterrichtsgestaltung. Das Begleitseminar bietet Studierenden den Raum, Themen und Fragen, die sich aus dem praktischen Unterricht ergeben, innerhalb der Seminargruppe oder auch im Setting von Supervision und kollegialer Fallberatung zu erörtern. Zu der Begleitung der Studierenden gehört mindestens eine Unterrichtshospitation pro Schuljahr mit einem anschließenden Reflexionsgespräch.

Studierende werden zu allen Qualifizierungsveranstaltungen des Kommunalen Integrationszentrums des Kreises Warendorf eingeladen. Sie können damit sehr früh schon ihre Professionalität in verschiedenen Bereichen von Unterricht und Unterrichtsgestaltung, Schule und Schulalltag im Kontext von kultureller und sprachlicher Diversität – auch mit eigenen, neuen Ideen – erweitern und erproben.

Fachliteratur zu allen Bereichen der interkulturellen Schul- und Unterrichtsgestaltung und Unterrichtsentwicklung steht Studierenden in der Projektbibliothek in der Robert-Koch-Straße in Münster sowie in der Materialsammlung des Kommunalen Integrationszentrums in Ahlen zur Verfügung.

Die Schulen stehen in einem engen fachlichen und didaktischen Austausch mit den Studierenden. Diese erhalten die Möglichkeit, den Schulalltag aus nächster Nähe kennenzulernen. Dies kann auf ganz unterschiedliche Weise geschehen, beispielsweise dadurch, dass Studierende zu Konferenzen, Dienstgesprächen oder schulischen Veranstaltungen eingeladen werden. Auch das Mitwirken an neuen Konzepten gehört an der einen oder anderen Schule bereits dazu.

Studierende bringen ihre Expertise aus der aktuellen akademischen Lehre mit. Lehrkräfte als Experten von Unterricht und Schulalltag können ihre Erfahrungen mit Förderlehrkräften teilen. Das Projekt bietet zukünftigen Lehrkräften die Chance, die akademische Ausbildung durch praktische Erfahrungen im eigenverantwortlichen Unterrichten zu ergänzen, Schulalltag kennenzulernen, sich als Lehrerpersönlichkeit in der Lerngruppe und als Teil eines Lehrerkollegiums zu erleben und zu reflektieren.

Seit 2010 besuchten einige tausend Schülerinnen und Schüler den Mercator-Unterricht an Schulen im Kreis Warendorf. Viele hundert studentische Förderlehrkräfte begleiteten und begleiten Schülerinnen und Schüler bei ihren sprachlichen und fachlichen Kompetenzen.

Aktuell nehmen ca. 400 Schüler und Schülerinnen an 20 Schulstandorten am Projekt teil. Um die 45 Mercator-Förderlehrkräfte sind kreisweit an den Schulen tätig und begleiten die Lernenden.

Silvia Vogelsang, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Münster, und Dr. Durdu Legler, Projektverantwortliche im Kommunalen Integrationszentrum des Kreises Warendorf, stehen den Förderlehrkräften und den Projekt-Schulen begleitend und beratend zur Verfügung.

Schulen und Studierende, die sich für eine Teilnahme am Projekt interessieren, sind herzlich eingeladen, uns zu kontaktieren. Auch Lehramtsstudierende benachbarter Universitäten sind willkommen. Wenden Sie sich bei Interessen gerne an das Kommunale Integrationszentrum des Kreises Warendorf.

Weitere Informationen zum Projekt

Modell, Evaluation, Publikationen 
Mercator-Projektseite der WWU Münster

Pressestimmen:
Studenten helfen Schülern durch Sprachunterricht - Die Glocke, 07.06.2014
Sprachbildung an 17 Standorten - Westfälische Nachrichten, 07.06.2014
Studenten und Schüler gewinnen - Die Glocke, 17.06.2014
Fit in der deutschen Sprache - Westfälische Nachrichten, 18.06.2015

Ansprechpartnerinnen:

Dr. Durdu Legler
Projektkoordination Mercator

Tel.: 02581 53  4503
Mobil: 0175 55708442
E-Mail: durdu.legler@kreis-warendorf.de

Kreis Warendorf
Amt für Jugend und Bildung
Von-Geismar-Str. 12
59229 Ahlen
 

Silvia Vogelsang
Wissenschaftliche Mitarbeiterin


Tel.: 0251 83 32870
E-Mail: silvia.vogelsang@uni-muenster.de 

Universität Münster
Germanistisches Institut, Abteilung für Sprachwissenschaft
Robert-Koch-Str. 29
48143 Münster